Kindergeld: Einkommensprüfung für behinderte Kinder weiterhin erforderlich

2012 ist die Einkommensprüfung bei volljährigen Kindern weggefallen, die in Berufsausbildung sind, einen Freiwilligendienst (Bundesfreiwilligendienst, freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr) leisten, eine Übergangszeit von höchstens vier Monaten durchlaufen oder eine Wartezeit bis zum Ausbildungsbeginn überbrücken. Gilt das auch für behinderte Kinder?

Die Eltern haben jetzt – völlig unabhängig vom Einkommen des Kindes – bis zu dessen 25. Lebensjahr Anspruch auf Kindergeld oder die steuerlichen Freibeträge sowie auf andere kindbedingte Steuervergünstigungen, die an das Kindergeld anknüpfen. Gleiches gilt für arbeitslose Kinder bis zu deren 21. Lebensjahr.

Behinderte Kinder werden  allerdings auch über das 25. Lebensjahr hinaus steuerlich berücksichtigt, wenn sie „wegen der Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten.“ Bedeutet dies, dass trotz Wegfall der Einkommensprüfung bei behinderten Kindern weiterhin deren Einkommen zu prüfen ist?

Aktuell hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass die Einkommensprüfung bei behinderten Kindern – anders als bei nicht behinderten Kindern – seit 2012 weiterhin erforderlich ist, um den Kindergeldanspruch der Eltern zu prüfen. Denn bei der Prüfung, ob ein behindertes Kind „außerstande ist, sich selbst zu unterhalten“, sind die dem Kind zur Verfügung stehenden eigenen finanziellen Mittel seinem existenziellen Lebensbedarf gegen-über zu stellen. Zu diesen finanziellen Mitteln gehören zum einen seine Einkünfte und Bezüge, z.B. eine Rente, und zum anderen auch Leistungen von dritter Seite, z.B. vom Sozialamt (FG Baden-Württemberg vom 23.9.2014, 11 K 419/13).

Die Einkommensprüfung entfällt zwar bei behinderten Kindern – wie bei nicht behinderten Kindern – unter 25 Jahren, die eine Ausbildung absolvieren oder auf einen Ausbildungsplatz warten. Doch in anderen Fällen erklären die Finanzrichter, dass eine steuerliche Ungleichbehandlung vorliege, diese aber nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße und daher nicht verfassungswidrig sei.

Die Richter verblüffen mit der Aussage, dass sich diese Ungleichbehandlung ausschließlich zugunsten der Eltern behinderter Kinder auswirke, indem für diese nämlich – anders als für nicht behinderte Kinder – Kindergeld auch über das 25. Lebensjahr hinaus beansprucht werden könne.

Hinweis: Auch das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hatte die Einkommensprüfung bei behinderten Kindern für rechtens befunden (FG Sachsen-Anhalt vom 8.4.2014, 4 K 1218/12). In der neuen Dienstanweisung-Kindergeld der Finanzverwaltung steht klipp und klar: Ist das volljährige Kind trotz seiner Behinderung in der Lage, z. B. aufgrund hohen verfügbaren Einkommens, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, besteht kein Anspruch auf Kindergeld oder die steuerlichen Freibeträge. Um dies beurteilen zu können, fragt die Familienkasse regelmäßig das Einkommen des Kindes ab (A 18.1, DA-KG 2015).

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