Lebenspartnerschaft: Umwandlung in Ehe steuerlich ohne Rückwirkung

Lebenspartnerschaft: Umwandlung in Ehe steuerlich ohne Rückwirkung
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Seit 2013 werden Lebenspartner in eingetragener Lebenspartnerschaft steuerlich genau wie Ehegatten behandelt. Sie können also auch die Zusammenveranlagung beantragen. Für die Fälle vor 2013 gilt dies aber nur, wenn die Bescheide noch nicht bestandskräftig sind bzw. waren. Am 1.10.2017 ist das „Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“ in Kraft getreten. Dies gibt in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Steuerpflichtigen das Recht, ihre eingetragene Lebenspartnerschaft zivilrechtlich rückwirkend in eine Ehe umwandeln zu lassen.

Aktuell stellen offenbar viele Eheleute, die die dieses Recht in Anspruch genommen haben, Anträge auf Änderung von bereits bestandskräftigen und zum Teil verjährten Einkommensteuerbescheiden. Auch die Änderung bestandskräftiger Grunderwerbsteuerbescheide wird mitunter beantragt. Begründet wird dies damit, dass es sich bei der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe um ein „rückwirkendes Ereignis“ i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO handele. Dies eröffne die Möglichkeit, die Einkommensteuerfestsetzung rückwirkend im Wege der Zusammenveranlagung vorzunehmen – und zwar auch in Jahren vor 2013. Hinsichtlich der Grunderwerbsteuer sei die Berücksichtigung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 – 7 GrEStG möglich.

Die Finanzverwaltung kann sich allerdings nicht dazu durchringen, die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe als rückwirkendes Ereignis anzuerkennen. Die Änderung bestandskräftiger Steuerfestsetzungen gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO komme daher nicht in Betracht. Dies ergibt sich aus der „Kurzinformation Verfahrensrecht“ 03/2018 der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (vom 1.3.2018). Wie der Verwaltungsanweisung zu entnehmen ist, habe man das Thema auf Bund-/Länderebene ausführlich erörtert. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass die Haltung bundeseinheitlich abgestimmt ist.

Begründet wird die Auffassung wie folgt: Unstreitig stelle die nachträgliche Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe ein „Ereignis“ i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Ob diesem „Ereignis“ auch steuerliche Wirkung für die Vergangenheit zukomme, sei eine Frage der Wirkung des Artikels 3 Abs. 2 EheRÄndG. Danach bleibe für Rechte und Pflichten der Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner nach Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft weiterhin maßgebend. Die Regelung stelle somit (lediglich) Bestandsschutz für die während der Lebenspartnerschaft begründeten Rechte und Pflichten her. Im Ergebnis fehle dem „Ereignis“ die notwendige steuerliche Wirkung für die Vergangenheit.

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Zwar hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 7.5.2013 (2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07) entschieden, dass zunächst nur für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle rückwirkend das Splittingverfahren zu gewähren ist. Allerdings hat es explizit offengelassen, ob der Gesetzgeber darüber hinaus das Splittingverfahren nicht auch in bestandskräftigen Fällen vor 2013 gewähren müsste.

Wörtlich heißt es: „Grundsätzlich erstreckt sich die Verpflichtung des Gesetzgebers, eine der Verfassung entsprechende Rechtslage herzustellen, rückwirkend auf den gesamten von der Unvereinbarkeitserklärung betroffenen Zeitraum und erfasst zumindest alle noch nicht bestandskräftigen Entscheidungen, die auf der für verfassungswidrig erklärten Regelung beruhen.“

Durch die Verwendung des Wortes „zumindest“ besteht also durchaus ein gewisser Spielraum, um alle Fälle – rückwirkend bis 2001 – „aufzurollen.“ Es ist jedoch anzunehmen, dass der Fiskus angesichts des zu erwartenden Steuerausfalls alles unternehmen wird, um dem zu entgehen. Wahrscheinlich wird eines Tages wieder das Verfassungsgericht entscheiden müssen.

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