Ausbildungskosten: Wann Studienkosten unstreitig Werbungskosten sind

Aufwendungen für ein Erststudium im Anschluss an das Abitur sowie für eine erstmalige Berufsausbildung außerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses sind nur begrenzt bis zu 6.000 Euro als Sonderausgaben absetzbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 und § 9 Abs. 6 EStG). Ob die Gesetzesregelung in Bezug auf die Studienkosten verfassungsgemäß ist, muss derzeit das Bundesverfassungsgericht prüfen (Aktenzeichen 2 BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14 u.a.).

In anderen Fällen sind die Aufwendungen in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten bzw. als vorab entstandene Werbungskosten – oder bei Selbstständigen als Betriebsausgaben – abziehbar, z.B. bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen nach Abschluss der Erstausbildung oder des Erststudiums, für ein Zweitstudium oder eine Umschulung. Dies gilt auch bei erster Berufsausbildung im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses (Lehre, Referendariat, Duales Studium), weil die Ausbildungsvergütung steuerpflichtig ist.

In folgenden Fällen sind Studienkosten unstreitig in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten abziehbar:

  • Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung, z.B. Studium nach einer Lehre (BFH-Urteil vom 18.6.2009, BStBl. 2010 II S. 816).
  • Erststudium im Rahmen eines Dienst- oder Ausbildungsdienstverhältnisses, z.B. bei Offizieren und Berufssoldaten der Bundeswehr oder im Rahmen der dualen Berufsausbildung (duales Studium).
  • Zweitstudium nach einem abgeschlossenen Erststudium. Vorausgesetzt, das Studium steht in einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit künftigen Einnahmen aus der angestrebten Tätigkeit und wird nicht aus rein privatem Interesse absolviert.
  • Universitätsstudium nach Abschluss eines Fachhochschulstudiums oder nach einem Studium an einer Pädagogischen Hochschule oder Kunsthochschule.
  • Werden zwei oder mehrere Studiengänge parallel begonnen und zu unterschiedlichen Zeiten abgeschlossen, gilt nach dem Abschluss des ersten Studienganges der zweite Studiengang als Zweitstudium mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die Aufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt werden.
  • Als berufsqualifizierender Studienabschluss gilt das erste Staatsexamen, durch das die fachliche Eignung für einen beruflichen Vorbereitungsdienst vermittelt wird. Daher sind Aufwendungen für das Referendariat bei Juristen und Lehramtsanwärter nach dem ersten Staatsexamen unbegrenzt als Werbungskosten absetzbar.
  • Als berufsqualifizierender Abschluss eines Erststudiums gilt ferner der Bachelor- oder Bakkalaureusgrad. Ein nachfolgender Studiengang ist ein Zweitstudium, sodass diese Aufwendungen in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten absetzbar sind. Dies betrifft vor allem ein Masterstudium, da dieses nicht ohne ein abgeschlossenes Bachelor- oder anderes Studium aufgenommen werden kann.
  • Ein MBA-Studium mit dem Abschluss „Master of Business Administration“ setzt im Allgemeinen ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraus. Also handelt es sich um ein Zweitstudium, sodass die Aufwendungen in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar sind.
  • Juristen absolvieren gelegentlich nach erfolgreicher Ablegung der ersten juristischen Staatsprüfung ein Zusatzstudium zum „Master of Laws“ (LL.M-Studium) an einer ausländischen Universität. Diesbezügliche Aufwendungen sind in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar, sofern sie beruflich veranlasst sind.
  • Eine Promotion bzw. ein Promotionsstudium wird im Allgemeinen nach dem Abschluss eines Erststudiums absolviert. Daher sind die Aufwendungen dafür in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten absetzbar, sofern ein berufsbezogener Zusammenhang gegeben ist. Die Kosten für eine Promotion werden sogar auch dann als Werbungskosten berücksichtigt, wenn diese im Einzelfall ohne vorhergehenden berufsqualifizierenden Studienabschluss durchgeführt wird.

Hinweis: Bei einem Wechsel des Studiums ohne Abschluss des zunächst begonnenen Studiengangs, z. B. von Rechtswissenschaften zu Medizin, stellt das erste Studium kein abgeschlossenes Studium dar. Folglich ist der neue Studiengang kein Zweitstudium, und die Aufwendungen (Studienkosten) dafür sind nur als Sonderausgaben absetzbar.

Weiterführende Informationen:

 

13 Kommentare zu “Ausbildungskosten: Wann Studienkosten unstreitig Werbungskosten sind”:

  1. Thorsten

    Hier steht folgendes: Erststudium im Rahmen eines Dienst- oder Ausbildungsdienstverhältnisses, z.B. bei Offizieren und Berufssoldaten der Bundeswehr oder im Rahmen der dualen Berufsausbildung (duales Studium).
    Ich und andere Freunde haben nach dem Studium den Kriegsdienst verweigert. Jetzt werden die Kosten des Studiums in Rechnung gestellt. Diese fallen ja aber erst einige Jahre nach dem Ende des Erststudiums an. Kann man diese auch als Werbekosten absetzen? Wenn ja, dann den kompletten Betrag angeben oder nur das, was im laufenden Kalenderjahr zurückgezahlt wurde? Vielen Dank

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Thorsten,

      leider liegen uns zu Ihrer speziellen Frage keine Informationen vor. Grundsätzlich sollten bezügl. der Studienkosten aber die gleichen Regelungen greifen wie bei einer privaten Hochschule bei der auch Studiengebühren anfallen. Auch sind die Aufwendungen grundsätzlich in dem Steuerjahr anzusetzen, in dem die Kosten auch gezahlt wurden.

      Im Zweifelsfall sollten Sie sich für eine individuelle Steuerberatung an einen Steuerberater, Rechtsanwalt oder Lohnsteuerhilfeverein wenden. Wir dürfen aus rechtlichen Gründen leider keine individuelle Steuerberatung durchführen.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer kompakt

  2. Stefan

    Hallo,

    ich habe mein Studium am 2012 abgeschlossen und habe während der Studienzeit keine Steuererklärung abgegeben. Nach paar Jahre habe ich eine Tätigkeit aufgenommen. Nun wollte ich wissen ob ich die gesamte Ausbildungskosten (Semesterbeiträge…usw) in der Steuererklärung für das Jahr 2012 abgeben kann oder wird nur ein Teil von 2012 berücksichtigt? Kann ich sie pauschal angeben oder brauche ich dafür einen Nachweis?

    Danke.

    Gruß Stefan

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Stefan,

      grundsätzlich können Sie die gleichen Pauschalen in Anspruch nehmen wie andere Steuerpflichtige auch. Grundsätzlich darf aber eine Pauschale wie z.B. der 1000-Euro-Werbungskostenabzug für Arbeitnehmer niemals zu negativen Einkünften führen. D.h. eine Verlustfeststellung auf Grundlage von Pauschalen ist nicht möglich.

      Ansonsten müssen Sie alle Aufwendungen. die Sie in der yxgeltend machen, auch belegen können.

      Alle Ausgaben, die in einem Steuerjahr angefallen sind, müssen Sie auch in diesem Steuerjahr geltend machen. D.h. Ausgaben aus 2014 geben Sie in der Steuererklärung 2014 und nicht in der Steuererklärung 2013 an.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer kompakt

  3. Florian

    Hallo Thilo,

    wie verhält es sich denn, wenn das Zweitstudium sich fachlich-inhaltlich vom Erststudium unterscheidet, wie z.B.in meinem Fall nach einem BWL-Studium ein Medizinstudium absolviert wird? Offiziell zählt das Medizinstudium für mich als Zweitstudium (Beginn, nachdem BWL-Studium erfolgreich abgeschlossen wurde), aber reicht dieser formale Tatbestand dafür aus, dass ich die Kosten des Medizinstudiums als Werbungskosten ansetzen kann?

    Vielen Dank für Ihre Antwort!

    Viele Grüße,

    Florian

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Florian,

      eigentlich wird Ihre Frage im obigen Artikel beantwortet:

      Bei einem Zweitstudium nach einem abgeschlossenen Erststudium sind Studienkosten unstreitig in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten abziehbar. Vorausgesetzt, das Studium steht in einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit künftigen Einnahmen aus der angestrebten Tätigkeit und wird nicht aus rein privatem Interesse absolviert.

      Im Zweifelsfall sollten Sie sich für eine individuelle Steuerberatung an einen Steuerberater, Rechtsanwalt oder Lohnsteuerhilfeverein wenden. Wir dürfen aus rechtlichen Gründen leider keine individuelle Steuerberatung durchführen.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer kompakt

  4. Florian

    Hallo Thorsten,

    wie verhält es sich denn, wenn das Zweitstudium sich fachlich-inhaltich vom Erstudium unterscheidet, z.B. ein Medizinstudium direkt nach einen abgeschlossenen BWL-Studium? Kann ich die Studienkosten des Medizinstudiums (zählt ja formal als Zweitstudium) trotzdem als Werbungskosten ansetzen?

    Vielen Dank für Ihre Antwort!

    Viele Grüße

  5. Ben

    Hallo,

    ich würde gerne wissen, ob die Entfernungspauschale auch für ein Studium im Ausland gilt? Falls ja, gilt dann die Entfernung von der Wohnung im Ausland oder vom Meldesitz in Deutschland?

    Vielen Dank

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Ben,

      mit der Entfernungspauschale, im Volksmund Pendlerpauschale, werden die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte bzw. – wie es seit 2014 korrekt heißt – erster Tätigkeitsstätte pauschaliert. Wenn Studenten ihre Studienkosten berechnen, so können Sie den einfachen Weg für Fahrten zwischen Wohnung und Universität für die Berechnung zu Grunde legen.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer kompakt

  6. kris

    Hallo,
    ich absolviere ein Studium Vollzeit an einer Universität, zuvor war ich Angestellt und habe eine Berufsausbildung.
    Das Studium ist fachlich eine andere Richtung als mein bisheriger Beruf. Fortbildungskosten oder Werbungskosten?
    Liebe Grüße
    kris

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Kris,

      das steht doch eigentlich bereits ausdrücklich in dem obigen Artikel:

      Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung, z.B. Studium nach einer Lehre (BFH-Urteil vom 18.6.2009, BStBl. 2010 II S. 816).

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer kompakt

  7. Julia

    Guten Tag,
    oben wird das 1. Staatsexamen bei Juristen und Lehrämtern angeführt, und als Erststudium geführt. Gilt dies ebenfalls für das 1. Staatsexamen in der Medizin, konkret Zahnmedizin?
    Vielen Dank im Voraus!

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Julia,

      die obige Zusammenstellung ist eine Übersicht über Fälle, die in dem angefügten BMF-Schreiben behandelt wurden. In der Regel lassen sich diese Entscheidungen auf ähnlich gelagerte Fälle übertragen. Allerdings wird das erste juristische Staatsexamen als berufsqualifizierender Abschluss besonders hervorgehoben. Ob dies auch auf das erste medizinische Staatsexamen kann ich nicht beurteilen.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Im Zweifelsfall wenden Sie sich bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer-kompakt.de

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