Kindergeld: Verkürzung der rückwirkenden Auszahlung von Kindergeld

Kindergeld: Verkürzung der rückwirkenden Auszahlung von Kindergeld
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Um Kindergeld zu erhalten, ist ein Antrag zwingend erforderlich. Das Kindergeld ist stets schriftlich bei der zuständigen Familienkasse zu beantragen. Ein Antrag auf Kindergeld ist auch rückwirkend möglich und zwar für die letzten 4 Jahre, da der Kindergeldanspruch erst vier Jahre nach dem Kalenderjahr verjährt, in dem er entstanden ist. Es gelten hier die allgemeinen Verjährungsregeln gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO. Damit ist es möglich, beispielsweise einen Kindergeldanspruch aus 2013 noch im Jahre 2017 geltend zu machen.

Ab dem 1.1.2018 wird für das Kindergeld eine spezielle Verjährungsregel eingeführt und damit die Auszahlungsfrist erheblich verkürzt: Künftig wird das Kindergeld – statt für die letzten vier Jahre – rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag eingegangen ist (§ 66 Abs. 3 EStG und § 6 Abs. 3 BKKG, eingefügt durch das „Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz“ vom 23.6.2017).

Die Regelung soll verhindern, dass für einen mehrjährigen Zeitraum in der Vergangenheit rückwirkend Kindergeld ausgezahlt werden kann. Abweichend von der regulären Festsetzungsfrist von vier Jahren gemäß § 169 AO sieht die Regelung vor, dass Kindergeldzahlungen nur noch sechs Monate rückwirkend geleistet werden können.

Das Kindergeld soll von seiner Zwecksetzung her im laufenden Kalenderjahr die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes sicherstellen. Hierfür ist eine mehrjährige Rückwirkung aber nicht erforderlich, da Anträge regelmäßig zeitnah gestellt werden. Die Regelung bewirkt, dass das Kindergeld über die zurückliegenden sechs Monate hinaus nicht mehr ausgezahlt werden kann.

Die neue Vorschrift des § 66 Abs. 3 EStG bezieht sich nur auf die Auszahlung – nicht auf das Festsetzungsverfahren, also den generellen Kindergeldanspruch. Wird für einen vergangenen Zeitraum Kindergeld festgesetzt und reicht dieser Zeitraum über den Sechs-Monats-Zeitraum zurück, ist das Kindergeld nur für die letzten sechs Kalendermonate auszuzahlen, die vor dem Eingang des Antrags bei der Familienkasse liegen. In diesen Fällen ist in den Festsetzungsbescheid ein Hinweis auf die Auszahlungsbeschränkung des § 66 Abs. 3 EStG aufzunehmen.

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Die neue Vorschrift dürfte vor allem Eltern volljähriger Kinder betreffen: Viele Eltern wissen nicht, ob ihnen für ihre Kinder auch nach deren Erstausbildung weiterhin Kindergeld zusteht, wenn sie eine weitere Ausbildung beginnen. Dabei besteht der Anspruch grundsätzlich bereits dann, wenn diese auf die kommende Ausbildung noch warten müssen. Denn wenn es sich bei den weiteren Ausbildungen insgesamt um eine „mehraktige“ Berufsausbildung handelt, besteht auch dafür ein Kindergeldanspruch bis zum 25. Lebensjahr des Kindes.


Beispiel:

Ein Berechtigter reicht im März 2018 bei der Familienkasse einen Kindergeldantrag für sein 21-jähriges Kind ein. Laut eingereichten Unterlagen befindet sich das Kind bereits seit Oktober 2016 in der Ausbildung für einen Beruf. Das Kind hat noch keine Erstausbildung abgeschlossen.

Deshalb besteht für das Kind ab Oktober 2016 ein Kindergeldanspruch. Da die Familienkasse den Kindergeldanspruch ohne weitere Sachverhaltsaufklärung feststellen kann, setzt sie ab Oktober 2016 Kindergeld fest. ABER: Wegen der neuen Auszahlungsbeschränkung des § 66 Abs. 3 EStG wird das Kindergeld erst ab September 2017 ausgezahlt (nur 6 Monate rückwirkend!).

11 Kommentare zu “Kindergeld: Verkürzung der rückwirkenden Auszahlung von Kindergeld”:

  1. Jürgen Wente

    Es wäre hilfreich zu erfahren, ob die Anrechnung des nicht mehr auszuzahlenden Kindergeldes auf den Kinderfreibetrag dann auch nicht mehr erfolgt, oder ob die Bürgerver… in diesem Punkt tatächlich komplett ist, d.h. sowohl Kindergeld wie auch Kinderfreibetrag (in Höhe des nicht ausbezahlten Kindergeldes) weg sind?

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Jürgen,

      das wurde mit dem „Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch“ geändert: Aufgrund einer Änderung des § 31 EStG kommt es nun nicht mehr auf das zustehende, sondern auf das ausgezahlte Kindergeld an. Wer also Kindergeld zu spät beantragt hat und es damit nicht zur Auszahlung gekommen ist, kann wenigstes von den Freibeträgen bei der Steuerveranlagung profitieren. (siehe auch Kinderfreibetrag: Jetzt wieder Vergleich mit dem „gezahlten“ Kindergeld)

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer kompakt

  2. Lorlornyo

    Für meine jetzt 10 jährige Tochter habe ich seit 11.2019 kein Kindergeld bekommen. Das habe ich gerade erst ( nach 4 Jahren ) erfahren.

    Laut der Familienkasse, habe ich versagt, meine Aufenthaltstitel einzureichen.

    Kann man in Ausnahmefällen noch bis 4 Jahren rückwirkend alles zurückgezahlt bekommen?

    Vielen Dank

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Lorlornyo,

      Es tut mir leid zu hören, dass Sie seit November 2019 kein Kindergeld mehr erhalten haben und erst jetzt davon erfahren haben. Normalerweise ist es erforderlich, bestimmte Unterlagen wie den Aufenthaltstitel der Kinder einzureichen, um Kindergeld zu erhalten. Wenn die Familienkasse diese Unterlagen nicht erhalten hat, kann dies dazu führen, dass das Kindergeld nicht ausgezahlt wird.

      In der Regel ist es möglich, Kindergeld rückwirkend bis zu sechs Monate vor dem Monat der Antragstellung zu erhalten. In Ausnahmefällen kann jedoch eine längere rückwirkende Zahlung erfolgen, wenn besondere Umstände vorliegen. Hierfür müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein und es muss ein entsprechender Antrag bei der zuständigen Familienkasse gestellt werden.

      Ich empfehle Ihnen daher, sich direkt an die zuständige Familienkasse zu wenden und die Situation zu schildern. Dort können Sie weitere Informationen erhalten und erfahren, ob eine rückwirkende Zahlung des Kindergeldes möglich ist.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer-kompakt.de

  3. Daniel Kapol

    Sehr geehrtes Team,

    bis zu meinem 25ten Lebensjahr war ich in einer Ausbildung. Ab meinem 18. LJ hat meine Vater damals, dass Kindergeld nicht erneut beantragt, wie ich heute erfuhr.
    Ist es Möglich das ich durch einen Abzweigungsantrag mein Kindergeld heute, Rückwirkend beantragen kann?

    Danke vorab!

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Daniel,

      Kindergeld kann für bis zu 6 Monate rückwirkend gezahlt werden. Voraussetzung ist, dass Ihnen das Kindergeld zustand, aber nicht ausgezahlt wurde – zum Beispiel, weil Sie keinen Antrag gestellt haben.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer-kompakt.de

  4. Nicole Czakalla

    Hallo meine beste Freundin ist Mutter von 4 Kindern (16/14)3/1)und weil sie es nicht hin bekommen hat, die Meldebescheinigungen der Kinder und Aufenthaltstitel/Duldung einzureichen, hat sie noch NIE also wirklich noch NIE auch nur einen einzigen Cent Kindergeld erhalten. ABER… Sie hat immer wieder einen Antrag eingereicht. Nun ist ihr Deutsch Verständnis nicht das Beste- eher sehr mangelhaft und hatte nicht wirklich die Unterstützung die sie gebraucht hätte.
    Jetzt hat man ihr (anscheinend) gesagt (die Fam.Kasse hat s geschrieben – (angeblich Freundin findet den Brief aber nicht mehr), dass sie das Kindergeld für die letzten 16 Jahre ! nachgezahlt bekommen soll , sofern denn endlich alle Unterlagen vorliegen.
    Kann das wirklich sein oder hat sie wieder was falsch verstanden? Oder kann es sein das wenn so ein Antrag gestellt wurde vor so langer Zeit, dass dieser ruhend liegt bis zur vollendeten Bearbeitung?

    Vielen Dank vorab

    Mit besten Grüßen
    Nico C.

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Nicole,

      die Situation Ihrer besten Freundin ist sicherlich komplex, und es kann verschiedene Gründe für die Verzögerung bei der Kindergeldzahlung geben. In Deutschland wird Kindergeld normalerweise rückwirkend ab dem Monat der Antragsstellung gezahlt, wenn alle erforderlichen Unterlagen vorliegen. Wenn tatsächlich 16 Jahre lang keine Kindergeldzahlungen erfolgt sind und alle notwendigen Unterlagen nun eingereicht werden, könnte es möglich sein, dass eine Nachzahlung erfolgt.

      Es ist auch ratsam, sich mit der Familienkasse in Verbindung zu setzen, um den aktuellen Status des Antrags und die Möglichkeit einer Nachzahlung zu klären. Vielleicht können Sie das zusammen mit Ihrer Freundin machen!

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer-kompakt.de

  5. Mano

    Guten Tag. Ich habe meiner 20 jährigen Tochter ab den 18 Lebensjahr kein Kindergeld mehr beantragt weil ich nicht wusste das sie weiterhin darauf Anrecht hat . Kann ich 2 Jahre rückwirkend bekommen für sie und wenn ja unter welchen Umständen?

    Danke

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Mano,

      normalerweise kann Kindergeld in Deutschland bis zu sechs Monate rückwirkend beantragt werden. Ab dem 18. Geburtstag Ihres Kindes wird das Kindergeld nur noch unter zusätzlichen Voraussetzungen.

      Wenden Sie sich bitte direkt an die zuständige Familienkasse, um Ihre Situation zu schildern.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer-kompakt.de

  6. Sarah Oehme

    Hallo und guten Abend.

    Wir stehen jetzt seit über 2 Jahren mit den Ämtern in schriftlicher Form in Kontakt. Das Kindergeld für unseren Sohn wird seit November 2021 einbehalten, obwohl er unter einer Behinderung (Ausweis vorhanden) leidet und ebenso einen PG besitzt. 

    Eine Einschätzung vom HA zum Umfang der Erwerbstätigkeit wurde benötigt. Da begann die ganze Odyssee mit Schriftverkehr und dem System, das keine Individualität zulässt und auf Vorgaben beharrt, die erfüllt werden müssen. Nur leider ist es eben manchmal so, dass man diese nicht immer mit den dafür vorgesehenen Formularen belegen kann. 

    Wir haben dann versucht auf anderem Weg (mit Vorlage von sehr vielen KH-Berichten sowie psychologischen Gutachten usw.) zu beweisen, dass keine Erwerbsfähigkeit vorliegt, um ein persönliches Gespräch gebeten, um die Situation besser erläutern zu können und auch geschrieben, dass unser Sohn keinen HA besitzt und der Kinderarzt ab dem 18. Lebensjahr nicht mehr zuständig ist und ebenso dieses Formular nicht ausfüllt, da eine Behandlung bei Ihm viel zu lange zurückliegt.

    Auf keine der besagten Bitten, Aussagen und Vorschläge wurde eingegangen. Wir wurden weiterhin darauf hingewiesen, die Unterschrift von einem behandelnden Hausarzt auf dem Formular einholen zu müssen, um Kindergeld zu bekommen. Nachdem wir dieser Forderung dann doch noch nachkommen konnten, was uns aber viel Kraft, Zeit und Sorgen gekostet hat. Nicht nur aufgrund unseres kranken und behinderten Sohnes, sondern auch, weil wir beide in Vollzeit mit Schichtsystem (2 und 3 Schichten) arbeiten und zur Familie auch noch 2 jüngere Kinder gehören.

    Die Bearbeitung zog sich in die Länge und dann kam die Antwort, dass es nun, aufgrund des nun bestehenden Kenntnisstandes, an anderer Stelle entschieden werden muss.

    Das heißt also, dass die Familienkasse Sachsen nicht mehr zuständig ist und wir jetzt den Schriftverkehr mit der Familienkasse (zentraler Kindergeldservice) in Magdeburg führen.

    Diese hatten zu beanstanden, dass das Datum auf dem Formular nicht mit ihren Vorstellungen übereinstimmt, die wir aber auch nicht kannten und bekamen nochmalig die Auflage, eine Einschätzung vom HA einzuholen und unterschreiben zu lassen, sozusagen rückwirkend zum November 2021. Dies wurde von uns schnellstmöglich erledigt und Mitte Dezember 2023 nach Magdeburg gesendet. Bis heute wissen wir nicht, ob wir Kindergeld bekommen, ob wir das zu „Unrecht“ bezogene Kindergeld von ca. 900 € zurückzahlen müssen und ebenso wissen wir nicht, wenn das Kindergeld nun doch bewilligt wird, ob und für welchen Zeitraum wir eine Nachzahlung bekommen.

    Vielleicht bekommen wir ja hier eventuell eine Antwort, mit der wir etwas anfangen können.

    Darüber wären wir nach gut 2 Jahren sehr dankbar. 

    Mit freundlichen Grüßen 

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