Ein Wechsel der Veranlagungsart kann steuerlich sinnvoll sein – aber er befreit Ehegatten nicht automatisch von bereits festgesetzten Nachzahlungszinsen. Wer eine Änderung von der Zusammenveranlagung zur Einzelveranlagung beantragt, muss auch mit den rechtlichen Folgen leben. Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass Nachzahlungszinsen trotz Veranlagungswechsel in solchen Fällen bestehen bleiben.
Ehegatten-Veranlagung: Änderung nur mit Einschränkungen
Ehepaare können grundsätzlich zwischen Zusammenveranlagung und Einzelveranlagung wählen. Diese Entscheidung darf bis zur Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids geändert werden – also innerhalb eines Monats nach dessen Bekanntgabe. Wird der Bescheid vom Finanzamt aufgehoben oder geändert, ist ein Wechsel der Veranlagungsart auch später noch möglich. In Trennungsfällen kommt es häufig vor, dass eine rückwirkende Einzelveranlagung beantragt wird, um steuerlich Vorteile zu erlangen.
Doch was passiert mit den Nachzahlungszinsen nach einem solchen Wechsel? Genau dazu hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 30. Juli 2025 (Az. X R 11/23) eine wegweisende Entscheidung getroffen.
Nachzahlungszinsen bleiben trotz Veranlagungswechsel bestehen
Im entschiedenen Fall wurden die getrennt lebenden Eheleute A und B zunächst für die Jahre 2010 bis 2015 zusammenveranlagt. Nachträglich erließ das Finanzamt geänderte Steuerbescheide und setzte für diese Jahre Nachzahlungszinsen in erheblicher Höhe fest. Anschließend beantragten die Ex-Partner eine Einzelveranlagung für die Jahre 2013 bis 2015 und eine getrennte Veranlagung für 2010 bis 2012 – mit Erfolg: Die ursprünglichen Zusammenveranlagungen wurden aufgehoben.
Doch das Finanzamt hielt an den Zinsfestsetzungen fest. Diese seien auch nachträglich unverändert gültig – selbst wenn die Einkünfte fast ausschließlich bei einem Ehegatten lagen. Der BFH bestätigte diese Sichtweise. Die Begründung: Zwar stellt der Antrag auf Veranlagungswechsel ein rückwirkendes Ereignis dar.
Trotzdem wirken sich solche Ereignisse nicht auf Nachzahlungs- oder Erstattungszinsen gemäß § 233a AO aus. Der Grund dafür liegt in der gesetzgeberischen Entscheidung, dass Zinsen Liquiditätsvorteile oder -nachteile ausgleichen sollen – unabhängig von späteren Änderungen der Besteuerungsgrundlagen.
Ehegatten können Gesamtschuld aufteilen – mit Einschränkungen
Es gibt dennoch eine mögliche Entlastung: Der BFH verweist auf die Möglichkeit der Gesamtschuldneraufteilung nach §§ 268 ff. AO. Damit kann ein Ehegatte mit geringeren Einkünften beantragen, die Steuerschuld anteilig aufzuteilen – dies gilt auch für steuerliche Nebenleistungen wie Zinsen (vgl. § 276 Abs. 4 AO).
Doch Achtung: Diese Entlastung ist nicht immer endgültig. Nach § 278 Abs. 2 AO kann ein Ehegatte weiterhin in Anspruch genommen werden, wenn er z. B. unentgeltlich Vermögenswerte vom anderen erhalten hat. In solchen Fällen kann selbst ein Aufteilungsbescheid die Vollstreckung nicht vollständig verhindern.
Fazit
Ein Wechsel von der Zusammenveranlagung zur Einzelveranlagung ist nicht immer ein Weg aus der steuerlichen Verantwortung. Nachzahlungszinsen trotz Veranlagungswechsel bleiben bestehen – auch wenn die Einkommen ungleich verteilt waren.
Ehegatten in Trennung sollten daher nicht nur die steuerlichen Vorteile eines Wechsels betrachten, sondern auch die finanzielle Belastung durch Zinsen realistisch einschätzen und gegebenenfalls rechtzeitig eine Aufteilung der Gesamtschuld beantragen.
