Steuerklasse VI ohne Identifikationsnummer: Was Arbeitgeber beachten müssen

Steuerklasse VI ohne Identifikationsnummer: Was Arbeitgeber beachten müssen
pixabay/un-perfekt Lizenz: Pixabay Lizenz

Arbeitgeber müssen die Lohnsteuer mit Steuerklasse VI berechnen, wenn ihnen keine steuerliche Identifikationsnummer des Arbeitnehmers vorliegt. Doch es gibt Ausnahmen – und klare Fristen.

Lohnsteuerpflicht ohne Identifikationsnummer: Die Anwendung der Steuerklasse VI

Solange ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber keine steuerliche Identifikationsnummer mitteilt, ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, die Lohnsteuer nach der ungünstigen Steuerklasse VI zu berechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer in Deutschland oder im Ausland geboren ist.

Die rechtliche Grundlage hierfür liefert § 39c Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Demnach darf der Arbeitgeber – sofern der Arbeitnehmer nicht schuldhaft handelt – für maximal drei Kalendermonate eine günstigere, voraussichtliche Steuerklasse anwenden, etwa die Steuerklasse I bei Ledigen. Wird die steuerliche Identifikationsnummer innerhalb dieser Frist nicht nachgereicht, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Lohnsteuer rückwirkend nach Steuerklasse VI zu berechnen und an das Finanzamt abzuführen.

Urteil: Steuerklasse VI gilt auch für ausländische Arbeitnehmer

Das Niedersächsische Finanzgericht stellte klar, dass die Anwendung der Steuerklasse VI auch bei ausländischen Mitarbeitern rechtmäßig ist. In einem Urteil vom 13.03.2024 (Az. 3 K 13/24) wies das Gericht die Klage eines Arbeitgebers ab, der zahlreiche ausländische Arbeitskräfte ohne Identifikationsnummer beschäftigt hatte.

Der Arbeitgeber hatte argumentiert, dass seine Mitarbeiter aufgrund ihres erstmaligen Aufenthalts in Deutschland noch keine steuerliche Identifikationsnummer besaßen. Die Zuteilung könne mehrere Wochen dauern, was bei kurzen Beschäftigungsverhältnissen problematisch sei. Zudem sei es unzumutbar, Druck auf ausländische Arbeitnehmer auszuüben. Dennoch urteilte das Gericht, dass keine Diskriminierung vorliege, da die gesetzliche Regelung für alle Arbeitnehmer gleichermaßen gelte – unabhängig von der Herkunft.

Drei Monate Schonfrist – dann rückwirkend Steuerklasse VI

Das Gericht bestätigte die gesetzliche Handhabung:

  • Liegt dem Arbeitgeber keine Identifikationsnummer vor, kann er für drei Monate die wahrscheinlichste Steuerklasse anwenden (z. B. Steuerklasse I).
  • Wird die Nummer nicht nachgereicht, muss rückwirkend die Steuerklasse VI angesetzt werden.
  • Diese Rückrechnung kann zu erheblichen Nachzahlungen führen.

Dies bedeutet konkret: Auch wenn der Arbeitnehmer keine Schuld trifft, endet die Möglichkeit der vorteilhaften Steuerklassenwahl nach drei Monaten. Erfolgt bis dahin keine Übermittlung der steuerlichen Identifikationsnummer, wird die Lohnsteuer rückwirkend nach Steuerklasse VI erhoben.

Der Arbeitgeber trägt in solchen Fällen das finanzielle Risiko, insbesondere wenn die betroffenen Arbeitnehmer zwischenzeitlich nicht mehr erreichbar sind oder das Geld nicht zurückgefordert werden kann.

Empfehlung: Steuerklasse VI vorläufig anwenden und korrigieren

Um Risiken zu vermeiden, empfiehlt es sich für Arbeitgeber, von Beginn an die Steuerklasse VI anzuwenden und den Arbeitnehmern gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, bei nachträglicher Vorlage der Identifikationsnummer eine Korrektur der Lohnsteuer vorzunehmen. So kann vermieden werden, dass rückwirkende Nachzahlungen erforderlich werden oder Arbeitgeber auf den Kosten sitzen bleiben.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) äußerte sich hierzu in einem BMF-Schreiben vom 23.01.2024 (BStBl 2024 I S. 211). Es stellte klar: Nur wenn der Arbeitnehmer die Verzögerung nicht zu vertreten hat oder eine technische Störung vorliegt, darf der Arbeitgeber für maximal drei Monate auf eine günstigere Steuerklasse zurückgreifen. Danach ist zwingend Steuerklasse VI anzuwenden.

Keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung

Das Gericht urteilte außerdem, dass die gesetzliche Regelung nicht gegen Art. 12 GG (Berufsfreiheit) verstößt. Denn Arbeitnehmer haben weiterhin die Möglichkeit, ihre Steuerlast durch Einreichen der Identifikationsnummer und eine spätere Einkommensteuererklärung korrekt berechnen zu lassen. Es bestehe also kein Eingriff in grundrechtlich geschützte Bereiche.

Auch eine mittelbare Diskriminierung ausländischer Arbeitnehmer sei nicht erkennbar, da die Anwendung der Steuerklasse VI ausschließlich auf das Fehlen der Identifikationsnummer zurückzuführen ist – unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

Fazit: Frist und Pflicht zur Steuerklasse VI beachten

Die Anwendung der Steuerklasse VI ohne Identifikationsnummer ist gesetzlich klar geregelt. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass neue Mitarbeiter zeitnah ihre steuerliche Identifikationsnummer vorlegen. Ansonsten drohen rückwirkende Steuerkorrekturen und finanzielle Risiken. Die Einhaltung der Drei-Monats-Frist ist entscheidend – auch bei ausländischen Arbeitnehmern.

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
* Pflichtfelder