Urlaubsabgeltung: Anspruch der Erben bei Tod des Arbeitnehmers

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Dies ist zwar kein Steuertipp, aber dennoch eine geldwerte Info für Arbeitnehmer bzw. deren Erben: Wenn Urlaub nicht in Anspruch genommen werden kann, zahlt der Arbeitgeber im Allgemeinen eine Entschädigung zur Abgeltung verfallener Urlaubsansprüche. Doch was passiert, wenn der Arbeitnehmer stirbt und deswegen seinen Urlaub nicht mehr nehmen kann?

  • Im Jahre 2013 hatte das Bundesarbeitsgericht eine schwer nachzuvollziehende Entscheidung gefällt: Stirbt ein Arbeitnehmer und endet dadurch das Arbeitsverhältnis, haben die Erben keinen Anspruch auf die Abgeltung noch offener Urlaubsansprüche. Beim Urlaubsanspruch handele es sich um einen höchstpersönlichen Anspruch des Arbeitnehmers, der weder übertragbar noch vererblich sei. Nach Auffassung der höchsten Arbeitsrichter gehe der Urlaubsanspruch des Mitarbeiters mit dessen Tod unter und könne sich nicht in einen Abgeltungsanspruch umwandeln. Der Arbeitnehmer konnte den Urlaub nicht wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nehmen, sondern wegen seines Todes, der auch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat (BAG-Urteil vom 12.3.2013, 9 AZR 532/11).
  • Anders hat dies der Europäische Gerichtshof ein Jahr später gesehen: Der arbeitsrechtliche Anspruch auf Urlaubsabgeltung verfalle nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund des Todes des Arbeitnehmers endet. Anderslautenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Auslegungen stehe Art. 7 der EU-Richtlinie 2003/88/EG vom 4.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung entgegen (EuGH-Urteil vom 12.6.2014, C-118/13).

Aktuell ist nun das Arbeitsgericht Berlin als erstes dem Europäischen Gerichtshof gefolgt und hat sich gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gewandt: Ein Urlaubsanspruch geht nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers unter, sondern wandelt sich um in einen Urlaubsabgeltungsanspruch der Erben.

Soweit das Bundesarbeitsgericht darauf abstelle, mit dem Tod erlösche die höchstpersönliche Leistungspflicht des Arbeitnehmers und damit auch ein abzugeltender Urlaubsanspruch, widerspreche dies Artikel 7 Abs. 2 der EU-Richtlinie 2003/88/EG (ArbG Berlin vom 7.10.2015, 56 Ca 10968/15).

Hinweis: Es gibt Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, die bei Tod des Arbeitnehmers die Zahlung eines Betrages in Höhe der Urlaubsabgeltung an Ehegatten oder unterhaltsberechtigte Angehörige vorsehen. Dann werden diese Zahlungen nicht als sozialversicherungsrechtlich relevantes Arbeitsentgelt behandelt, da dieser Anspruch als originärer Anspruch der Ehegatten oder unterhaltsberechtigten Angehörigen gegen den Arbeitgeber angesehen wird, der nicht mehr dem Beschäftigungsverhältnis zugeordnet werden kann. Folglich werden keine Lohnsteuer und Sozialabgaben einbehalten (Besprechung der Sozialversicherungsträger vom 12.11.2014, TOP 4).

4 Kommentare zu “Urlaubsabgeltung: Anspruch der Erben bei Tod des Arbeitnehmers”:

  1. Susanne Diehl

    Mein Mann ist nach kurzer schwerer Krankheit am 9.8.2018 verstorben und hat bis Ende Juni 33 Jahre im selben Betrieb gearbeitet.
    Nun steht ja der gesamte Jahresurlaub und die Arbeitgeber machen keine Anstalten mir das Urlaubsgeld auszuzahlen. Was tun?
    Mit freundlichen Grüßen S.Diehl

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Frau Diehl,

      wenn es in dem Unternehmen einen Betriebsrat gibt, setzen Sie sich am besten mit diesem in Verbingung. ALternativ müssten Sie sich an eine Rechtsanwalt wenden, der Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Rechte hilft.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen
      Thilo Rudolph

  2. Martina Willing

    Mein Freund hat vom Arbeitgeber seiner verstorbenen Mutter eine Einmalzahlung erhalten, die für nicht genommenen Urlaub der Verstorbenen abgelten sollte. Die Einmalzahlung wurde als Entgelt für ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis auf der Lohnsteuerkarte 6 meines Freundes abgerechnet, und da die Summe das steuerfreie Zusatzeinkommen übersteigt, muss er für die Summe Lohnsteuer zahlen, Sozialvers. Beitrage sind bei dieser Art der Beschäftigung befreit. Nun meine Frage: Ist die Zahlung steuerlich fehlerhaft und kann (muss) dies nachträglich vom Arbeitgeber berichtigt werden, oder reicht dem Finanzamt der Nachweis des Arbeitgebers, dass die Zahlung kein Beschäftigungsentgelt ist? Denn laut Ihrem Beitrag sind diese Art von Entgelt vom Abzug der Lohnsteuer befreit, die ihm aber in voller Höhe abgezogen wurde.

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Martina,

      beendet der Tod das Arbeitsverhältnis, entsteht mit dem Tod des Arbeitnehmers der Urlaubsabgeltungsanspruch. Der Arbeitgeber hat den Urlaubsabgeltungsanspruch wie alle anderen noch bestehenden restlichen Vergütungsansprüche abzurechnen und entsprechend auszuzahlen.

      Die Zahlung von Arbeitslohn an Erben oder Hinterbliebene ist in R 19.9 LStR geregelt. Sterbegeld gesetzlicher Kranken- oder Unfallversicherungen ist steuerfrei nach § 3 Nr. 1 EStG. Zur Steuerermäßigung bei Versorgungsbezügen vgl. § 19 Abs. 2 EStG und R 19.8 LStR.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer kompakt

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