Energiepreispauschale für Minijobber: Besteuerung durch die Hintertür?

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Die Energiepreispauschale für Arbeitnehmer aus September 2022 wurde regelmäßig über den jeweiligen Arbeitgeber ausgezahlt (§§ 112 ff. EStG). Auch Minijobber haben diese über ihren Arbeitgeber erhalten, wenn sie diesem schriftlich bestätigt hatten, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelte. Wenn der Arbeitgeber nicht verpflichtet war, Lohnsteuer-Anmeldungen abzugeben, wurde die Energiepreispauschale allerdings nicht über den Arbeitgeber ausgezahlt.

Die Arbeitnehmer erhalten die Energiepreispauschale in diesen Fällen nach Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022. Die Energiepreispauschale ist grundsätzlich steuerpflichtig. Geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer müssen diese allerdings nicht versteuern, wenn ihr Arbeitslohn pauschal besteuert wurde (§ 119 EStG).

Wer den Fragen-Antworten-Katalog des Bundesfinanzministeriums („FAQ Energiepreispauschale“) liest, wird bezüglich der „Nichtbesteuerung bei Minijobbern“ allerdings stutzig. Dort heißt es zur „Energiepreispauschale für Minijobber“ in Punkt VIII.1:

„Bei Arbeitnehmern, die ausschließlich pauschal besteuerten Arbeitslohn aus einer kurzfristigen oder geringfügigen Beschäftigung oder einer Aushilfstätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft erzielen und im gesamten Jahr 2022 keine weiteren anspruchsberechtigenden Einkünfte haben, gehört die EPP nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen.“ 

Das Wort „ausschließlich“ wird seitens der Finanzverwaltung so interpretiert, dass es schädlich ist, wenn der Minijobber beispielsweise im August oder im Dezember des Jahres 2022 einer sozialversicherungspflichtigen bzw. regulär besteuerten Beschäftigung nachgegangen ist. Lag auch nur für einen einzigen Monat eine regulär besteuerte Beschäftigung vor, wird die Energiepreispauschale, die eigentlich steuerfrei bleiben sollte, doch der Einkommensteuer unterworfen. Ist das rechtens? Das werden wohl erst die Finanzgerichte oder gar der Bundesfinanzhof entscheiden. Nach Auffassung von Steuerrat24 ist die Besteuerung vom Gesetzeswortlaut jedenfalls nicht gedeckt – die Energiepreispauschale für Minijobber muss steuerfrei bleiben!

Aber es kommt noch dicker: Wenn hier schon – nach unserer Meinung unzulässigerweise – die Energiepreispauschale durch die Hintertür besteuert werden soll, dann hätte dafür wenigstens der so genannte Härteausgleich gewährt werden müssen (siehe dazu auch die Information in der Rubrik „Privater Bereich“). Aber auch das geschieht aktuell in der Finanzamtspraxis noch nicht. Oft gesellt sich also ein Fehler zum anderen.

 

Betroffenen Minijobbern kann derzeit nur empfohlen werden, gegen Einkommensteuerbescheide, mit denen ihre Energiepreispauschale besteuert wurde, Einspruch einzulegen und darauf zu hoffen, dass dieser nicht sofort bearbeitet, das heißt abgelehnt, wird. Ein Anspruch auf Ruhen des eigenen Falles gibt es mangels eines Musterverfahrens – soweit erkennbar – derzeit nämlich nicht. Und wer erst einmal eine ablehnende Einspruchsentscheidung in Händen hält, kann nur noch den Klageweg beschreiten. Der kann aber zeitaufwendig und – bei einem Unterliegen – teuer werden.

 

In der obigen Information geht es um die Besteuerung der Energiepreispauschale für Minijobber. Allerdings ist die Besteuerung der Energiepreispauschale insgesamt, also auch für alle anderen Fälle, zweifelhaft. Eine besonders gewichtige Kritik stammt von Herrn Professor Hans-Joachim Kanzler, früherer Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof. Er hält die Besteuerung der Energiepreispauschale für unzulässig. Er begründet dies zum einen damit, dass die Energiepreispauschale eine „Subvention“ und keine „Einkunftsart im Sinne des Steuerrechts“ ist. Zum anderen bezweifelt er die Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Quellen: NWB Nr. 49 vom 9.12.2022, Seite 3417; Finanz-Rundschau 2022, Seite 641).

Aber auch hier gilt: Wer Einspruch gegen die Besteuerung einlegt, kann nur darauf hoffen, dass dieser nicht zügig bearbeitet, wird. Ein Anspruch auf Ruhen des eigenen Falles gibt es mangels eines Musterverfahrens – soweit erkennbar – derzeit nämlich auch hier nicht. Mehrere Leser haben uns mitgeteilt, dass die Finanzämter die Einsprüche momentan sehr schnell „abschmettern“. Und klagen möchten wohl die wenigsten Bürgerinnen und Bürger.

 

Mustereinspruch „Energiepreispauschale für Minijobber“

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit lege ich (legen wir) gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom ……… Einspruch ein. Begründung: Sie haben die Energiepreispauschale (EPP I) besteuert, obwohl diese nach § 119 EStG hätte steuerfrei bleiben müssen. Ich habe die EPP I als geringfügig Beschäftigter erhalten; mein Lohn wurde nach § 40a pauschal besteuert. Nach § 119 Abs. 1 Satz 2 EStG muss die EPP I in diesem Fall steuerfrei bleiben. Eine Ausnahme sieht das Gesetz nicht vor. Der Fragen-Antworten-Katalog des Bundesfinanzministeriums („FAQ Energiepreispauschale“) sieht zwar vor, dass die EPP I nur steuerfrei bleibt, wenn „ausschließlich“ pauschal besteuerter Arbeitslohn aus einer kurzfristigen oder geringfügigen Beschäftigung oder einer Aushilfstätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft erzielt wurde und im gesamten Jahr 2022 keine weiteren anspruchsberechtigenden Einkünfte vorgelegen haben. Doch ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass das Gesetz dieses Ausschließlichkeitsgebot nicht benennt. Im Übrigen sind die FAQ keine „ordentliche“ Verwaltungsanweisung und schon gar nicht haben sie Gesetzeskraft. Ich (Wir) beantrage(n) daher, die EPP in Höhe von 300 Euro steuerfrei zu belassen.

Unabhängig von der Rechtmäßigkeit der festgesetzten Energiepreispauschale haben Sie dafür den Härteausgleich nicht gewährt. Von der (im Einkommensteuerbescheid festgesetzten) Energiepreispauschale ist unbestreitbar der Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht vorgenommen worden. Daher ist der Betrag der Energiepreispauschale in den Härteausgleich einzubeziehen (§ 46 Abs. 3 Satz 1 EStG).

Darüber hinaus ist die Besteuerung der Energiepreispauschale insgesamt, also auch für alle anderen Fälle, zweifelhaft. Eine besonders gewichtige Kritik stammt von Herrn Professor Hans-Joachim Kanzler, früherer Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof. Er hält die Besteuerung der Energiepreispauschale für unzulässig. Er begründet dies zum einen damit, dass die Energiepreispauschale eine „Subvention“ und keine „Einkunftsart im Sinne des Steuerrechts“ ist. Zum anderen bezweifelt er die Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Quellen: NWB Nr. 49 vom 9.12.2022, Seite 3417; Finanz-Rundschau 2022, Seite 641).

Ich beantrage (wir beantragen) ein Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs. Derzeit sind zwar noch keine Klagen beim Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht anhängig, doch aller Voraussicht wird es solche bereits in Kürze geben. Ich (Wir) würde(n) es als unbillig empfinden, wenn einem Ruhen des Verfahrens nicht entsprochen wird.

 

Hinweis: Bei dem Muster handelt es sich nur um einen Vorschlag, der individuelle Besonderheiten natürlich nicht berücksichtigen kann. Im Einzelfall ist er – gegebenenfalls unter Hinzuziehung einer Steuerfachfrau oder eines Steuerfachmanns – entsprechend anzupassen. Und selbstverständlich kann der Erfolg des Einspruchs nicht garantiert werden.

 

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