Werden Immobilien innerhalb von zehn Jahren an- und wieder verkauft, so liegt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft für den Immobilienverkauf vor (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Früher sprach man insoweit von Spekulationsgeschäften. Die Gewinne aus Veräußerungen innerhalb der Zehn-Jahres-Frist unterliegen grundsätzlich der Einkommensteuer.
Lediglich folgende Ausnahmen sind zu berücksichtigen:
- Die Immobilie wurde im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Eine zwischenzeitliche kurze Vermietungsphase wäre steuerschädlich (1. Alternative des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
- Die Immobilie wurde im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Nicht erforderlich ist jedoch, dass dieser Zeitraum drei volle Kalenderjahre umfasst. Somit kommt es auf den zeitlichen Umfang der Eigennutzung im ersten und dritten Jahr vor dem Immobilienverkauf nicht an (2. Alternative).
Aktuell hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass eine kurzzeitige Eigennutzung vor dem Verkauf einer langjährig selbstgenutzten Eigentumswohnung unschädlich ist, der Veräußerungsgewinn also bei einem Verkauf innerhalb der Zehn-Jahres-Frist steuerfrei bleibt (Urteil vom 7.12.2018, 13 K 289/17).
Der Fall: Der Kläger hatte 2006 eine Eigentumswohnung erworben und diese bis April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Von Mai 2014 bis Dezember 2014 vermietete er diese an Dritte. Mit notariellem Kaufvertrag vom 17.12.2014 veräußerte er die Eigentumswohnung. Das Finanzamt ermittelte einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn für den Immobilienverkauf in Höhe von 44.338 Euro. Hiergegen wandte sich der Kläger. Seiner Ansicht nach war die Veräußerung nicht steuerbar, da er die Wohnung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorausgegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe. § 23 EStG erfordere keine ausschließliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken.
Auch das FG verneinte die Besteuerung des Gewinns. Die 2. Alternative des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG erfordere – anders als die 1. Alternative – keine Ausschließlichkeit der Eigennutzung. Es genüge eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren. Diese müsse – mit Ausnahme des mittleren Kalenderjahres – nicht während des gesamten Kalenderjahres vorgelegen haben.
Es genüge ein zusammenhängender Zeitraum der Eigennutzung, der sich über drei Kalenderjahre erstrecke. Für diese Auslegung spreche auch die Gesetzesbegründung. Der Gesetzgeber habe eine ungerechtfertigte Besteuerung von Veräußerungsvorgängen bei Aufgabe des Wohnsitzes (z.B. wegen Arbeitsplatzwechsels) vermeiden wollen. Diesem Zweck widerspreche es, den Veräußerungsgewinn bei einer kurzzeitigen Zwischenvermietung bis zur Veräußerung zu besteuern.
Hinweis: Zwar ist die Revision nicht zugelassen worden, das Finanzamt hat jedoch Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. BFH IX B 28/19). Daher ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
Fast gleicher Fall:
Habe meine Wohnung 6 Jahre selbst genützt.
Aus Gründen neuer Anstellung habe ich meinen Wohnsitz einschließlich der Arbeit um 400km verlegt und möchte nun in dieser Gegend eine neue Wohnung erwerben.
Meines Erachtens hat das nichts Spekulation zu tun, oder?
Hallo Robert,
da Sie die Wohnung 6 Jahre selbst genutzt haben, fällt der Verkauf nicht unter die Spekulationssteuer (§ 23 EStG). Ein steuerfreier Verkauf ist möglich, wenn die Immobilie im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Eine kurzfristige Vermietung vor dem Verkauf könnte jedoch steuerliche Folgen haben.
Für eine verbindliche Prüfung wenden Sie sich bitte an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt.
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung anbieten dürfen. Für eine verbindliche Prüfung Ihrer Situation wenden Sie sich bitte an einen Steuerberater.
Mit freundlichen Grüßen
Thilo Rudolph
Lohnsteuer-kompakt.de
Hallo, mein Fall ist etwas anders:
Erwerb der Wohnung 2014 von der Großmutter meiner damaligen Frau. Die Wohnung gehörte uns seither jeweils zu gleichen Teilen. Vermietung der Wohnung von 2014 bis 2018. Anschließend Trennung der Eheleute mit Übergang der zweiten Wohnungshälfte im Rahmen einer Scheidungsfolgevereinbarung (2018) auf mich. Von März 2018 bis Anfang 2021 habe ich Wohnung selbst bewohnt, die Scheidung erfolgt im März 2022. Vermietung der Wohnung seit Anfang 2021. Die Wohnung soll jetzt verkauft werden. Fällt Spekulationssteuer auf die gesamte Wohnung oder nur auf einen Teil (Übergang meiner Exfrau auf mich) an?
BG
Hallo Rob,
für Ihren 2014 erworbenen Anteil fällt keine Spekulationssteuer an. Für den 2018 übernommenen Anteil läuft die 10-Jahresfrist noch, hier könnte Steuer anfallen. Die zeitweise Eigennutzung reicht voraussichtlich nicht für eine Steuerfreiheit.
Bitte lassen Sie den Fall durch einen Steuerberater prüfen.
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung anbieten dürfen. Für detaillierte und verbindliche Auskünfte wenden Sie sich bitte an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt, der auf Steuerrecht spezialisiert ist.
Mit freundlichen Grüßen
Thilo Rudolph
Lohnsteuer-kompakt.de
Guten Tag,
wie sieht es auch wenn man das Haus 2022 kaufte und nun nach Drei Jahren verkaufen möchte?
Lebe selbst in der Immobilie seit Erwerb und ein Teil wurde an einem Familien Mitglied verbilligt vermietet. Ist bei Verkauf eine Spekulationssteuer fällig ?
Hallo Peter,
eine Spekulationssteuer fällt nur an, wenn die 10-Jahresfrist nicht erfüllt ist. Davon gibt es aber eine Ausnahme: Bei Eigennutzung im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorhergehenden Jahren (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) ist der Verkauf steuerfrei.
Da Sie selbst dort wohnen und nur ein Teil verbilligt vermietet wurde, dürfte der Verkauf bei Einhaltung dieser Voraussetzungen steuerfrei sein.
Bitte den Einzelfall vom Steuerberater prüfen lassen.
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung anbieten dürfen. Für detaillierte und verbindliche Auskünfte wenden Sie sich bitte an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt, der auf Steuerrecht spezialisiert ist.
Mit freundlichen Grüßen
Thilo Rudolph
Lohnsteuer-kompakt.de