Klimakur: Überwinterung in Thailand als außergewöhnliche Belastung?

Klimakur: Überwinterung in Thailand als außergewöhnliche Belastung?
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Wird der Heilerfolg entscheidend durch das günstige Klima am Kurort bewirkt, handelt es sich um eine sogenannte Klimakur. Eine solche Klimakur kommt bei bestimmten Krankheiten in Betracht, z.B. Neurodermitis (Hautkrankheit mit stark juckendem, eventuell nässendem Ausschlag), Psoriasis (Schuppenflechte), Bronchialasthma, sowie bei anderen Krankheiten, bei denen Salz und Sonne helfen, wie Rheuma, Weißfleckenkrankheit (Vitiligo), Hautverhärtung (Sklerodermie). Ein günstiges Klima für diese Krankheiten herrscht am Toten Meer (Ein Bokek), am Mittelmeer, an der Nordsee oder in Davos. Kann auch ein Aufenthalt in tropischen Regionen, etwa in Thailand, als Klimakur in Betracht kommen?

Diese Bedingungen müssen Sie für den Abzug von Kosten einer Kur grundsätzlich beachten (§ 64 EStDV):

  • Sie müssen sich vor Antritt der Kur ein Attest des Amtsarztes oder des Medizinischen Dienstes besorgen, in dem neben der medizinischen Notwendigkeit zusätzlich der medizinisch angezeigte Kurort und die voraussichtliche Kurdauer bescheinigt sind.
  • Bei der Klimakur ist ausnahmsweise nicht erforderlich, dass Sie sich am Kurort in ärztliche Kontrolle begeben.

Aktuell hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass Aufwendungen für einen Aufenthalt in Thailand zwecks gesundheitsförderndem Klima nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar sind, wenn der erforderliche Nachweis gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a EStDV nicht vollständig vorgelegt wird (FG Münster vom 23.2.2022, 7 K 2261/20 E).

Der Fall: Ein Mann leidet unter Bechterew im fortgeschrittenen Stadium. Sein Brustkorb ist stark deformiert, was zu erheblichen Bewegungseinschränkungen führt. Zudem leidet er unter rheumatischen Beschwerden mit starken Schmerzattacken, die ihn zeitweise ans Bett binden. In diesen Zuständen ist er auf Hilfe angewiesen und kann sich nicht selbst versorgen. Gegen die rheumatischen Beschwerden nimmt der Kläger starke Schmerz- und Betäubungsmittel, die zu einer Belastung von Magen, Leber und Nieren führen. Weiterhin wurde bei ihm eine sog. Kälteallodynie diagnostiziert, wonach Nervenleitungen Kältereize falsch interpretieren und als Schmerz empfunden wird.

Diese Erkrankung ist nach dem aktuellen Stand der Medizin weder therapier- noch heilbar. Laut einer amtsärztlichen Bescheinigung wird bestätigt, dass ein Aufenthalt des Klägers „in den Wintermonaten in tropischem Klima aus gesundheitlichen Gründen“ erfolge. Die Vermeidung von Kälte und Feuchtigkeit einerseits wie auch eine vermehrte Sonnenbestrahlung in diesen Breitengraden führe zu einer Linderung der Beschwerden der progredienten Krankheitsbilder. Eine Besserung der Grunderkrankung sei auch in Zukunft nicht zu erwarten, sodass der Aufenthalt in den Wintermonaten auch in den kommenden Jahren als medizinisch sinnvoll erachtet werde.

Die Finanzrichter bestätigen, dass es sich bei dem Aufenthalt in tropischem Klima in Thailand um eine „Klimakur“ i.S.v. § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a EStDV handelt. Der Aufenthalt des Klägers diente dazu, seine Schmerzen und Krankheitssymptome aushaltbar zu machen, mithin zu lindern. Eine ärztliche Überwachung in Thailand musste vor dem Hintergrund der Einordnung als Klimakur nicht erfolgen, weil sich die Linderung der Krankheitssymptome bereits alleine durch den Aufenthalt in Thailand einstellte.

Das vorgelegte amtsärztliche Attest erfüllt zwei wichtige Bedingungen: Es wurde einen Tag vor Antritt der Reise nach Thailand ausgestellt. Auch ist nach Auffassung der Richter die voraussichtliche Kurdauer mit „in den Wintermonaten“ ausreichend konkret bezeichnet.

Dann aber werden die Richter doch arg kleinlich: Das Attest enthalte keine hinreichend konkrete Angabe zum Kurort im Sinne von § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a EStDV. Die Angabe „in tropischem Klima“ reiche nicht aus, um den Kurort zu bestimmen. Es müsse sich aus dem Attest ergeben, dass der Steuerpflichtige krank und der Aufenthalt an einem bestimmten Kurort für einen gewissen Zeitraum medizinisch angezeigt ist. Die Einordnung, wo konkret aufgrund der bestehenden Erkrankungen eine Klimakur medizinisch indiziert ist, muss der Amtsarzt in seiner Stellungnahme ausführen.

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Bei Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, verlangt § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStDV ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung.

Ein solcher qualifizierter Nachweis ist auch bei Klimakuren nach § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a EStDV erforderlich. Nach § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a, 2. HS EStDV ist zudem erforderlich, dass der medizinisch angezeigte Kurort und die voraussichtliche Kurdauer bescheinigt werden.

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