Verluste mit Aktien: Erfreulicher Beschluss des Bundesfinanzhofs

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Bei Aktien gibt es bekanntlich verschiedene Arten von Verlusten: Kursverluste, die lediglich auf dem Depotauszug stehen, echte Verluste, die im Fall der Veräußerung realisiert werden, Verluste, die durch Ausbuchung wertlos gewordener Aktien entstehen, sowie Verluste aus der Risikoabsicherung durch Hebelprodukte. Grundsätzlich gilt für Verluste aus Kapitalvermögen, dass sie nur mit Gewinnen aus anderweitigem Kapitalvermögen verrechnet werden können, nicht aber mit Gewinnen aus anderen Einkunftsarten, wie Arbeitslohn oder Mieteinnahmen.

1. Kursverluste sind steuerlich unbeachtlich, solange sie nicht realisiert werden.

2. Verluste aus dem Verkauf von Aktien dürfen nicht mit allen positiven Kapitalerträgen, z.B. mit Zins- und Dividendeneinkünften, und schon gar nicht Gewinnen aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden, sondern nur mit Gewinnen aus dem Verkauf von Aktien, und zwar im selben Jahr und darüber hinaus in den folgenden Jahren (§ 20 Abs. 6 Satz 4 EStG). Dies gilt für Aktien, die nach dem 1.1.2009 gekauft wurden (§ 52 Abs. 28 Satz 11 EStG).

Für Aktien, die vor dem 1.1.2009 gekauft wurden, gilt weiterhin die damalige Rechtslage – und zwar zeitlich unbegrenzt. Das bedeutet: Bei Verkauf nach Ablauf der Spekulationsfrist von 12 Monaten bleibt der Veräußerungsgewinn steuerfrei und ein Veräußerungsverlust steuerlich unbeachtlich.

Aktuell hat der Bundesfinanzhof Zweifel bekommen, ob es verfassungsgemäß ist, dass Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien und nicht mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen. Zur Klärung hat der BFH die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt (BFH-Beschluss vom 17.11.2020, VIII R 11/18).

  • Seit 2009 sind Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (u.a. Aktien) in vollem Umfang und unabhängig von einer Haltefrist als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig. Da Gewinne grundsätzlich mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 % besteuert werden, dürfen Verluste nur mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden dürfen (§ 20 Abs. 6 Satz 2 EStG). Eine zusätzliche Verlustverrechnungsbeschränkung gilt für Verluste aus der Veräußerung von Aktien. Diese dürfen nicht mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern nur mit Gewinnen, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden. Nach der Gesetzesbegründung sollen dadurch Risiken für den Staatshaushalt verhindert werden (§ 20 Abs. 6 Satz 4 EStG).
  • Nach Auffassung des BFH bewirkt § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, weil sie Steuerpflichtige ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie Verluste aus der Veräußerung von Aktien oder aus der Veräußerung anderer Kapitalanlagen erzielt haben. Eine Rechtfertigung für diese nicht folgerichtige Ausgestaltung der Verlustausgleichsregelung für Aktienveräußerungsverluste ergibt sich weder aus der Gefahr der Entstehung erheblicher Steuermindereinnahmen noch aus dem Gesichtspunkt der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen oder aus anderen außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszielen.

3. Verluste durch Ausbuchung oder Veräußerung wertlos gewordener Aktien (und anderer Wertpapiere) dürfen seit dem 1.1.2020 nur in Höhe bis 20.000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden. Die Beschränkung der Verlustverrechnung auf Aktiengewinne gilt hier nicht. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 20.000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden (§ 20 Abs. 6 Satz 6 EStG).

Von einer Veräußerung eines wertlosen Wirtschaftsgutes ist regelmäßig auszugehen, wenn der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt. Wird die Höhe der in Rechnung gestellten Transaktionskosten nach Vereinbarung mit dem depotführenden Institut dergestalt begrenzt, dass sich die Transaktionskosten aus dem Veräußerungserlös unter Berücksichtigung eines Abzugsbetrages errechnen, ist ebenfalls von der Veräußerung eines wertlosen Wirtschaftsgutes auszugehen (BMF-Schreiben vom 3.6.2021, IV C 1-S 2252/19/10003:002, Rz. 59).

Aktuell sei darauf hingewiesen, dass diese Regelung, das heißt die Begrenzung der Verlustverrechnung auf lediglich 20.000 Euro, umstritten ist. Zwar gibt es hierzu – soweit ersichtlich – noch kein Verfahren vor einem Finanzgericht. Der vorgenannte Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs könnte allerdings insoweit eine Indizwirkung entfalten. Jedenfalls sollten Betroffene ihre Steuerbescheide möglichst lange offen halten, also nicht bestandskräftig werden lassen. Früher oder später wird der erste Fall zur 20.000 Euro-Grenze bei einem Finanzgericht und wohl auch beim BFH landen.

4. Verluste aus dem Geschäft mit Optionsscheinen und Faktor-Zertifikaten wurden bislang von den Finanzämtern als „Termingeschäfte“ behandelt. Das bedeutet: Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, dürfen seit dem 1.1.2021 nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden. Dabei ist die Verlustverrechnung beschränkt auf 20.000 EUR. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 20.000 EUR mit Gewinnen aus Termingeschäften oder Stillhalterprämien verrechnet werden, wenn nach der unterjährigen Verlustverrechnung ein verrechenbarer Gewinn verbleibt. Verluste aus Termingeschäften können nicht mit anderen Kapitalerträgen oder gar anderen Einkünften verrechnet werden (§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG).

Aktuell stellt das Bundesfinanzministerium klar, dass Optionsscheine und Zertifikate keine Termingeschäfte sind, sondern „Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG“. Das bedeutet: Verluste sind nicht beschränkt auf Gewinne aus Termingeschäften und begrenzt auf 20.000 EUR verrechenbar, sondern können unbegrenzt mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen ausgeglichen werden (BMF-Schreiben vom 3.6.2021, IV C 1-S 2252/19/10003:002, Rz. 8).

9 Kommentare zu “Verluste mit Aktien: Erfreulicher Beschluss des Bundesfinanzhofs”:

  1. Weisbach Thomas

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    durch ein paar Verkäufe in Jahr 2021 habe ich ca 5000€ Gewinn erwirtschaftet woraufhin ich 1250 € Gewinn gemacht haben. Am 16.12.2021 habe ich bei meiner bisher voll zufriedenen Bank (Comdirect) einen Wertlose Ausbuchung einer alten “Depotleiche” (conergy) mit Kaufsumme von ca 5000€ beantragt. Das Formular wurde
    per mail verschickt und durch mehrfache Anrufe beim Service war das alles richtig so. Die Bearbeitung des Auftrags wurde bis 23.12 nicht getättigt und wiederum nach Nachfrage sollte ich mir keinen Gedanken machen und Notfalls die Sache Reklamationenabteilung später klären. Am 27.12 13:00 Uhr habe ich von der Bank eine Ablehnung bekommen, da die Sache per Post geschickt werden sollte, was ich daraufhin noch getan habe und der Brief wurde 16 uhr am
    selbigen Yag verschickt. Die Bearbeitung wurde jedoch nicht bis Jahresende ausgeführt.

    Was kann ich jetzt tun?
    Kann ich auch Gewinne von 2021 mit Verlusten(wertlose Ausbuchung) in 2022 verrechnen ?

    Vg

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Thomas,

      grundsätzlich können Sie Aktienverluste mit Aktiengewinnen verrechnen. Dies kann auch nachträglich in der Steuererklärung über eine Korrektur erfolgen. Allerdings müssen Sie auf jeden Fall der Finanzverwaltung entsprechende Nachweise vorlegen, wenn die Verluste nicht in der Steuerbescheinigung Ihrer Bank ausgewiesen sind.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer-kompakt.de

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Kevin,

      Steuern fallen auf Gewinn an, nicht auf Verluste. Allerdings können Sie die Verluste auch geltend machen, diese werden dann mit evtl. zukünftigen Gewinnen verrechnet.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer kompakt

  2. Thelen, Monika

    Hallo, ich habe folgendes Problem. Wir haben noch Verlustvorträge aus Aktienverkäufen vor 2009. Diese wollte ich in der Einkommensteuer mit Aktiengewinnen aus 2021 verrechnen, was das Finanzamt abgelehnt hat. Diese Altverluste wären nur noch mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften zu verrechnen, was definitiv eine andere Einkunftsart darstellen würde. Ich bin geneigt einen Einspruch einzulegen.

  3. Gül

    Hallo Monika,
    den gleichen Fall haben wir jetzt auch. Wir können den Verlustvortrag nur mit Gewinnen aus z.B Immobilien- oder Gold Verkäufen ausgleichen. Hast Du Einspruch eingelegt und was ist daraus gekommen?
    Vielen Dank im Voraus

  4. Jörg Holweg

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    wir haben in Aktienfonds investiert und spielen mit dem Gedanken diese mit Verlusten zu verkaufen. Können die Verluste aus dem Fondsverkauf mittlerweile mit Steuern aus Kapitalerträgen aus Vermietungen gegengerechnet werden? In ihrem Beitrag aus 11/21 hat der BGH sich dem Thema angenommen, wobei ich keine weiteren Informationen zum Fortschritt der Thematik dazu finde.

    Für ihre Hilfe danke in voraus.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Jörg

  5. Anne Grossmann

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich habe Aktien vor 2009 gekauft, sollte ich diese verkaufen, wie weise ich den FA nach, dass ich diese vor 2009 gekauft habe../ bzw. verlangt das FA einen Kaufnachweis?.
    Wegen der Steuerfreiheit….

    VG Anne Grossmann

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Anne,

      wenn Sie Aktien vor 2009 gekauft haben und von der Steuerfreiheit bei Veräußerungsgewinnen profitieren möchten, müssen Sie ggf. nachweisen können, dass die Aktien tatsächlich vor 2009 erworben wurden. Das Finanzamt kann unter Umständen einen Nachweis über den Kaufzeitpunkt verlangen.

      Es ist ratsam, sämtliche Unterlagen, die den Kauf der Aktien betreffen, sorgfältig aufzubewahren. Dazu gehören beispielsweise Kaufbelege, Depotauszüge, Wertpapierabrechnungen und andere Dokumente, die den Erwerb der Aktien und den Zeitpunkt des Kaufs belegen.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer-kompakt.de

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