Wie weit darf die Zweitwohnung vom Arbeitsort entfernt sein?
Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn Sie außerhalb Ihrer Hauptwohnung beschäftigt sind und am auswärtigen Beschäftigungsort eine Zweitwohnung unterhalten. Dabei ist es zulässig, dass die Zweitwohnung auch außerhalb des unmittelbaren Arbeitsortes liegt, solange sie sich noch im Einzugsbereich der ersten Tätigkeitsstätte befindet. Das bedeutet, es muss möglich sein, täglich zur Arbeit zu pendeln.
Entfernung der Zweitwohnung vom Arbeitsort
Die Frage, wie weit die Zweitwohnung entfernt liegen darf, wurde in verschiedenen Urteilen geklärt. Entscheidend ist, ob ein tägliches Pendeln noch zumutbar ist:
- BFH-Urteil (2012): Eine Entfernung von 141 km zur Arbeitsstätte wurde als zulässig erachtet, da der Arbeitnehmer die Strecke in einer Stunde mit dem ICE zurücklegen konnte. Solch ein Zeitaufwand liegt laut Bundesfinanzhof (BFH) im Rahmen des Üblichen (BFH-Urteil vom 19.4.2012, VI R 59/11).
- BFH-Urteil (2014): Eine Entfernung von 83 km, die in weniger als einer Stunde bewältigt werden konnte, wurde ebenfalls anerkannt. Hier galt die Strecke als übliche Pendelstrecke und somit als zumutbar (BFH-Urteil vom 26.6.2014, VI R 59/13).
Regelung ab 2014
Seit 2014 gilt: Die Zweitwohnung liegt noch im Einzugsbereich des Arbeitsortes, wenn die Entfernung zur Arbeitsstätte weniger als die Hälfte der Entfernung zwischen der Hauptwohnung und der Arbeitsstätte beträgt. Diese Regelung wurde durch das Bundesfinanzministerium festgelegt (BMF-Schreiben vom 25.11.2020).
Beispiel: Beträgt die Entfernung von der Hauptwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte 100 km, darf die Zweitwohnung maximal 50 km von der Arbeitsstätte entfernt sein.
Zumutbare Fahrzeit
Auch die Fahrzeit spielt eine Rolle. Eine Fahrzeit von bis zu einer Stunde je Strecke wird in der Regel als zumutbar angesehen. Liegt die Zweitwohnung weiter entfernt, kann eine doppelte Haushaltsführung dennoch anerkannt werden, wenn die Fahrzeit erheblich verkürzt ist.
Praxis und Sonderfälle
In der Praxis suchen viele Arbeitnehmer einen Kompromiss: Sie möchten zwar näher an den Arbeitsort heranziehen, aber nicht so weit von der Heimat entfernt sein, dass Heimfahrten zeitraubend wären. Hier wird häufig eine Zwischenlösung gewählt, bei der die Zweitwohnung zwischen der Heimat und dem Arbeitsort liegt.
Beispiel A: Herr Steuerle wohnt in B und arbeitet in C. Die Entfernung von der Hauptwohnung in B zur ersten Tätigkeitsstätte in C beträgt 100 km. Seine Zweitwohnung in Z liegt 30 km von der ersten Tätigkeitsstätte entfernt. Da die Zweitwohnung weniger als die Hälfte der Entfernung zwischen Hauptwohnung und Arbeitsstätte (50 km) beträgt, wird die doppelte Haushaltsführung anerkannt.
Beispiel B: Die Entfernung von der Hauptwohnung in B zur ersten Tätigkeitsstätte beträgt 56 km. Die Zweitwohnung in Z ist 30 km entfernt, aber die Fahrzeit zur Arbeit von der Zweitwohnung beträgt nur 25 Minuten. Da die Fahrzeit deutlich verkürzt wird, kann trotz der Entfernung von mehr als der Hälfte der Strecke eine doppelte Haushaltsführung anerkannt werden.
Aktuelle Rechtsprechung
Das Finanzgericht Münster entschied 2024, dass eine doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt wird, wenn die Hauptwohnung und die erste Tätigkeitsstätte nur 30 km auseinanderliegen und die Fahrzeit zur Arbeit unter einer Stunde beträgt. In diesem Fall gilt die Pendelstrecke als zumutbar (FG Münster, Urteil vom 6.2.2024, 1 K 1448/22 E).
Fazit: Die Entfernung der Zweitwohnung vom Arbeitsort sollte in der Regel weniger als die Hälfte der Strecke zwischen Hauptwohnung und Arbeitsstätte betragen oder die Fahrzeit muss erheblich verkürzt werden. Eine tägliche Pendelzeit von bis zu einer Stunde gilt dabei als zumutbar. Es ist ratsam, die Regelungen genau zu prüfen oder steuerlichen Rat einzuholen, um mögliche Abzüge geltend zu machen.