(2025)
Was sollte ich zur neuen 48-Monatsgrenze wissen?
Grundsatz: Was bedeutet die 48-Monatsgrenze?
Seit 2014 gilt bei Auswärtstätigkeiten die sogenannte 48-Monatsgrenze. Sie ist entscheidend dafür, ob eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt oder ob Reisekosten (Fahrt-, Übernachtungs-, Nebenkosten sowie Verpflegungspauschalen) in vollem Umfang als Werbungskosten geltend gemacht werden können.
1. 48-Monatsgrenze bei der ersten Tätigkeitsstätte
Eine erste Tätigkeitsstätte ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Eine solche Zuordnung wird angenommen, wenn der Arbeitnehmer dort:
- unbefristet („bis auf Weiteres“),
- für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses oder
- von vornherein über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten
Tipp: Liegt die Zuordnung bei maximal 48 Monaten, besteht keine erste Tätigkeitsstätte. Das bedeutet: Fahrtkosten, Verpflegungspauschalen und Übernachtungskosten können nach den Reisekostengrundsätzen als Werbungskosten geltend gemacht oder steuerfrei erstattet werden.
2. 48-Monatsgrenze bei Tätigkeiten im Kundenbetrieb
Auch im Betrieb eines Kunden (z. B. bei Leiharbeit oder Projektarbeit) kann eine erste Tätigkeitsstätte vorliegen – insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer:
- von vornherein länger als 48 Monate oder
- für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses
- dem Kundenbetrieb zugeordnet ist.
3. 48-Monatsgrenze bei Übernachtungskosten
Seit 2014 dürfen Übernachtungskosten bei Auswärtstätigkeiten nur für 48 Monate in voller Höhe abgesetzt werden. Ab dem 49. Monat sind sie auf 1.000 € monatlich begrenzt – jedoch nur bei inländischen Tätigkeiten.
Tipp: Eine Unterbrechung von mindestens sechs Monaten setzt die 48-Monatsfrist zurück.
4. Aktuelle Rechtsprechung zur 48-Monatsgrenze
Das Finanzgericht Münster hat entschieden: Selbst mehrfach befristete Einsätze von < 48 Monaten führen nicht zur Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte – selbst wenn der Gesamteinsatz mehr als 48 Monate dauert (FG Münster, 25.03.2019, 1 K 447/16).
5. Besonderheiten bei Leih- und Zeitarbeitnehmern
Leiharbeitnehmer sind beim Verleiher angestellt, arbeiten jedoch beim Entleiher. Streitpunkt: Können Fahrtkosten zur Einsatzstelle nach Reisekostengrundsätzen oder nur mit der Entfernungspauschale (Pendlerpauschale) abgesetzt werden?
Position der Finanzverwaltung
- Die erste Tätigkeitsstätte liegt beim Entleiher, wenn eine dauerhafte Zuordnung vorliegt – also:
- unbefristet,
- für die Dauer des Arbeitsverhältnisses oder
- von vornherein über 48 Monate
- Fahrtkosten sind dann nur mit der Entfernungspauschale absetzbar (BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl 2020 I S. 1228).
Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH)
Der BFH hat am 17.06.2025 (Az. VI R 22/23) entschieden: Eine unbefristete Zuordnung bei Leiharbeitern ist aufgrund des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) nicht möglich.
- Nach § 1 Abs. 1b AÜG darf ein Leiharbeitnehmer maximal 18 Monate bei demselben Entleiher tätig sein.
- Eine dauerhafte Zuordnung scheidet damit von Gesetzes wegen aus – und somit auch die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte beim Entleiher.
Fallbeispiel (BFH VI R 22/23)
Ein Leiharbeiter war seit 28.11.2015 unbefristet bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt und ab 2015 für über drei Jahre bei einem Entleiher eingesetzt. Er machte seine Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen geltend, das Finanzamt erkannte nur die Entfernungspauschale an. Der BFH gab dem Kläger Recht:
- Auch bei Einsätzen vor dem 01.04.2017 liegt keine dauerhafte Zuordnung vor.
- Selbst bei wiederholten befristeten Einsätzen entsteht keine erste Tätigkeitsstätte.
Weitere Rechtsprechung
Bereits am 20.11.2024 entschied das Finanzgericht Düsseldorf ähnlich (Az. 15 K 1490/24 E). Zwar wurde Revision eingelegt, aber vom Finanzamt später zurückgenommen – offenbar in Anerkennung der BFH-Rechtsauffassung.
Tipp für Leiharbeiter
Auch bei längerem Einsatz beim selben Entleiher: Prüfen Sie, ob eine dauerhafte Zuordnung im steuerrechtlichen Sinn tatsächlich vorliegt. In vielen Fällen können Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen geltend gemacht werden.
Hinweis: Die Finanzverwaltung erkennt die arbeitsrechtlichen Regelungen des AÜG im Steuerrecht bisher nicht an. Dennoch bietet die BFH-Rechtsprechung eine fundierte Grundlage für Einsprüche.